Eine Premiere in vielerlei Hinsicht erlebte das Publikum am Dienstagabend, 16. Juli, in der EMMA: Erstmals gab es mit dem Unterstufen-Theater und der darauffolgenden Aufführung der Theater-AG zwei Theaterstücke hintereinander zu sehen, für die selbstbewusst aufspielenden Mitglieder der Unterstufen-AG war es der erste Theaterauftritt, und für AG-Leiterin Ulla Saur, die für Anna Kalusok eingesprungen war, die erste Theaterregie ihres Lebens. Es sei vorweggenommen, dass sich alle Debütanten famos geschlagen haben.
Einen „Betrug in zwei Welten" gilt es also zu entdecken in dem Stück, dessen Hauptfiguren Goldmarie und Pechmarie direkt der Märchenwelt entsprungen sind. In der vom Erzähler Emilio Solazzo (6c) geschilderten Vorgeschichte haben sich die beiden Schwestern eines großen Verbrechens an 22 friedlichen Knoblauchkröten schuldig gemacht. Doch während Goldmarie brav ihre Strafe im Krötengefängnis absitzt, hat sich Pechmarie mit Umweltschützer Uwe (Fernando Kaiser Sánchez, 6d) nach Berlin abgesetzt, wo sie sich aber sogleich einen Millionär angelt, um das Luxusleben in der Hauptstadt zu genießen. Das wiederum wurmt Uwe, der sich an ihr rächen will und Goldmarie im Gefängnis aufsucht, weil er sich Hilfe bei seinem Racheplan von ihr verspricht. Dank eines tölpelhaften Wärters (mit komödiantischem Talent: Luca Großmann, 6d) und einem mit zu viel Schwung (Elias Hartwich, 6d) gelingt die Flucht spielend, sodass nun auch Goldmarie auf dem Weg nach Berlin ist.
Dort gibt Pechmarie ein törichtes Material Girl ab, und auch die mit dem Konsumwahn gerne einhergehende Herablassung gegenüber Dienstleistern, seien es Taxifahrer oder zur Haushälterin degradierte Erbtanten, malt Maya Müßigmann (6d) als Pechmarie genüsslich aus, wobei sich Lennart Maresch (6c) in dieser Doppelrolle einen Rest Würde bewahrt. Doch gegenüber ihrem Lover und Geldgeber, dem Mineralwassermillionär Reinhard Dieter von Bodelshofen, dessen abstoßendes Geschäftsgebaren Luke Bickelmann-Esser (6d) fulminant in Szene setzt, wirkt Pechmarie fast noch sympathisch.
Der Kulturschock in der Großstadt – sie kennt weder Hochhäuser noch Autos – setzt nun wiederum der ehrlichen Goldmarie (Jaelynn Pieper, 6d) derart zu, dass auch sie einen genervten bis zickigen Ton anschlägt, den der gutmütige Uwe nur schwer besänftigen kann. Der Millionär lässt Goldmarie von seiner Sekretärin (Marija Maticevic, 6d) und seinem Assistenten Kevin (Daniel Euringer, 6c) suchen und entführen, denn die vom Märchenland ausgesetzte Belohnung könnte seine finanziellen Probleme – Pechmarie gibt einfach zu viel aus – lösen.
Als Pechmarie gerade ihre Yogamatte sucht, findet sie Goldmarie und Uwe im Keller der Millionärsvilla eingesperrt. Bei diesem unverhofften Wiedersehen wird allen klar, dass sie sich eigentlich nach dem Märchenland zurücksehnen, und Pechmarie entschuldigt sich bei Uwe. Während der „Boss" gerade einen See in Afrika absperren lässt, damit die Anwohner nicht mehr an Wasser kommen, sondern sein Mineralwasser kaufen müssen, bringt Kevin Goldmarie und Pechmarie zur Polizei und ruft auch noch den Boss dazu – der umgehend in Untersuchungshaft genommen wird, sind doch auch schon einige Bestechungs- und Steuerdelikte gegen ihn anhängig.
In der Gerichtsverhandlung sagt Pechmarie aus, das Geld habe sie am Ende nicht mehr glücklich gemacht, Goldmarie gesteht ihre Flucht aus dem Märchenwaldgefängnis, und der weise, wenn auch verschlafene Richter (wunderbar verzögert: Riley Neuburger, 6c) empfiehlt ihnen, am besten wieder Kröten zu züchten im Märchenland und den treuen Uwe gleich mitzunehmen. Einen plumpen Bestechungsversuch des Millionärs abwehrend, verurteilt er diesen zu 20 Jahren Gefängnis. Einsicht zeigt der Gierige nicht: „Geld verdienen ist doch kein Verbrechen!"
Nochmals darf der Erzähler zum Publikum sprechen und einen Ausblick wagen: In zehn Jahren fängt die fleißige Sekretärin des Wassermillionärs (Marija Maticevic, 6c) als Lehrerin in Afrika etwas Sinnvolleres mit ihrem Leben an, der Millionär sitzt seine nächsten zehn Jahre ab, die Erbtante genießt ihr Leben, Uwe ist umweltbewegt geblieben und Klimakleber geworden, und Goldmarie und Pechmarie kämpfen – glücklich vereint im Märchenland – für Frauenrechte.
Und so wendet sich unser modernes Märchen am Ende zum Guten. Applaus für die jungen Schauspieler/innen von Eltern, Großeltern, Mitschülern und Gästen. Und ein dickes Lob von Schulleiterin Gerda Eller, die neben den AG-Mitgliedern auch Ulla Saur und Anna Kalusok, die bei der Inszenierung des Stücks wieder mit dabei war, für deren großes Engagement dankt, ohne das diese vergnügliche Aufführung niemals zustande gekommen wäre.
Gleich drei Schülertheaterstücke in einer Juliwoche zeigten überdeutlich: Das Theater lebt am Mörike!
har